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Der Konstrukteur - und Profiteur - Ferdinand Porsche

Recherche zu einem Konflikt


In Vratislavice / Maffersdorf gibt es seit einiger Zeit einen erbitterten Streit.

Die Einen möchten den berühmtesten Sohn der Stadt – Ferdinand Porsche – mit einem Museum ehren (es gibt nur eine Ausstellung und eine Gedenktafel am Geburtshaus), um damit vor allem Touristen anzulocken, die Anderen verweisen auf seine NSDAP- und SS-Vergangenheit und dass es Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter waren, die seine Autos unter schlimmsten Bedingungen zusammenbauen mussten, und wollen seine Verherrlichung verhindern. Man kann seine SS-Vergangenheit kleinreden, die geäußerten Einwände als Überempfindlichkeiten abtun oder die Beseitigung der Hinweisschilder mit dem Umgang der Kommunisten mit unliebsamer Geschichte vergleichen, wie es die Oberbürgermeisterin von Liberec, Martina Rosenbergova, tat. Die vorher angebrachten Schilder: Willkommen in Vratislavice an der Neiße, der Geburtsstadt von Ferdinand Porsche sind jedenfalls auf Geheiss des Bezirksbürgermeisters im zur Bezirksstadt Liberec / Reichenberg gehörenden Ortsteil erst einmal abgeschraubt worden. Die Porsche-Leitung in Deutschland schmollte, weil es nun doch keine Ferdinand Porsche-Gedenkstätte geben soll, und hat daraufhin drei als Leihgaben zugesagte Sportwagen nicht - wie vereinbart - geliefert.

Neben der ideologischen Komponente dieser Geschichte gibt es aber auch noch eine technische. Denn vieles von dem, was Porsche im nationalsozialistischen Deutschland zu bauen begann, hat es bereits in der Tschechoslowakei gegeben.

Daniela Capcarová hat bereits 2009 über die Anfänge der tschechoslowakischen Automobilindustrie und die Rolle Ferdinand Porsches recherchiert und schreibt: 1920, nach der Gründung der Ersten Tschechoslowakischen Republik, konstruierte Hans Ledwinka in Nesselsdorf einen luftgekühlten Motor. Das Auto benannte man nach dem slowakischen Gebirge Tatra, in dem die Neuschöpfung getestet wurde. Eng mit Ledwinka arbeitete damals Ferdinand Porsche zusammen, der 1875 im tschechischen Maffersdorf, geboren wurde. Porsche räumte später in einem Interview ein, dem Konstrukteur Ledwinka über die Schulter geschaut zu haben.[...]

1931 gründete Porsche in Stuttgart sein eigenes Konstruktionsbüro, in dem er neben Porsche noch ein anderes Fahrzeug, den Volkswagen, entwarf. „Die Konstruktion und der Motor von Ledwinkas Tatra V 570 von 1933 ähnelten auffällig dem VW-Käfer von Porsche“, sagt Antonin Šípek [vom Verband der tschechischen Automobilindustrie]. „Beide Autokonstrukteure bevorzugten Autos mit luftgekühlten Motoren im hinteren Teil des Wagens.“ [Ledwinka war nur schon früher dran -...]

Der Tatra war mit seinem Design, seiner Aerodynamik und seiner leichter Konstruktion seiner Zeit so weit voraus, dass ihn amerikanische Filmproduzenten in einem ihrer ersten Science Fiction-Filme in den USA einsetzten. Während Ferdinand Porsche in Deutschland weiterhin ungestört an der Entwicklung des Volkswagens arbeiten konnte, überfiel Hitler 1939 die Tschechoslowakei. Im selben Jahr wurde der Tatra 97 im Autosalon in Berlin präsentiert. 

Zuerst begeisterte das tschechische Fahrzeug den Führer. Dann erkannte er, dass der brillant konstruierte Personenwagen dem Volkswagen Konkurrenz machen könnte und verbot seine Produktion im Protektorat“, sagt der Tatra-Besitzer Beránek. Die Tatra-Fabrik nutze Hitler für Kriegszwecke. Anstelle von Personenwagen ließ er in der besetzten Tschechei den offenen Armeewagen Tatra 57 K produzieren. K stand für seinen deutschen Namen Kübelwagen. [...]

„Man erzählt sich, dass die Produktionsdokumentation des Tatra kurz vor Kriegsende nach Deutschland kam“, vermutet Beránek. Šípek bekräftigt Beráneks Vermutung: „Immerhin bezahlte VW den Tatra-Werken nach dem Krieg eine große Geldsumme für die Nutzung ihres Know-hows.“



Ganzer Artikel: http://www.letnapark-prager-kleine-seiten.com/capcarova-tatra.html



22I2014 



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