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Steuerhinterziehung - Deutsche Variante

von Katja Schickel


10.03.2014Absahner, Abzocker & Co. KG: „Ich bin kein Sozialschmarotzer, ich habe fünf Millionen an soziale Einrichtungen gegeben, fünfzig Millionen Steuern gezahlt. Ich will damit nicht angeben, ich will nur reinen Tisch machen“, sagte Uli Hoeneß bei seinem Geständnis vor Gericht. Aber die Sache – und damit natürlich sich – ins rechte Licht setzen (sein eigenes dreistes Urteil lautet: Bisschen böse war ich schon, aber hauptsächlich ein Guter) und noch einmal nach unten treten: das kann er, der Abzocker Hoeneß, gegen die, die von „Stütze“, Sozialhilfe, jetzt Hartz IV leb(t)en und die er, sozusagen als Oberschmarotzer, in klassenbewusster Abgrenzung immer schon gerne Sozialschmarotzer nannte, die allesamt tausende Jahre alt werden müssten, um sich so als Wohltäter und brave Steuerbürger aufspielen zu können, wie es Uli Hoeneß vor allem in den letzten zwanzig Jahren gerne getan hat und noch auf der Anklagebank tut. Global gesehen gelten seine Transaktionen mittlerweile eher als Peanuts, Milliardenbetrügereien sollen an der Tagesordnung sein und offenbar zum Finanzgeschäft gehören, sich also jenseits von Moral und justiziablem Zugriff befinden, und das scheint auch er so zu sehen, aber die jetzt auf monatlich € 390 aufgestockten Mittel zum Lebensunterhalt (ohne Stromkosten, die müssen sie von dieser Summe schon selber zahlen!) waren ihm immer schon ein arger Dorn im Auge. Die wollte er einfach niemand da unten gönnen. Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen, heißt der gerne zitierte alttestamentarische Spruch dazu. Immerhin ist das Transferieren und 'Falschparken' von Geldern auch Arbeit, die die Zielgruppe seiner Aggressionen eben nie verrichtet hat, die in Hoeneß´ Weltbild jedoch offenbar unbedingt zur Menschwerdung gehört. Hat er dem Staat nicht sogar Arbeit abgenommen, indem er Gelder einbehalten hat, die beispielsweise den von ihm titulierten Sozialschmarotzern oder anderen Habenichtsen einfach nicht zustehen sollten?! – Man muss von hunderten Millionen Euro ausgehen, die Hoeneß an Besitz angehäuft, aber nicht ordnungsgemäß versteuert hat, damit eine Steuerschuld von (jetzt angegebenen) 18,5 Millionen überhaupt entstehen kann. Er hat diese Zahl gleich zu Beginn des Prozesses genannt (Ausgangslage der Anklage waren, 3,5 Mio.), um – auch hier ganz Zocker – Strafmilderung zu erreichen, aus eigenen freien Stücken, wie er sagte. Das kann man auch bezweifeln, denn er musste damit rechnen, dass der Rest (und vielleicht noch viel mehr *) über kurz oder lang herauskommt. Wenn man seine jüngsten Auftritte Revue passieren lässt, war von Zerknirschung, gar Reue nichts zu spüren, immer war er der jovial grinsende Präsident (eines Fußballclubs), Hände schüttelnd an der Seite anderer Mächtiger, z. B. Angela Merkel, und gut war´s für die „Fußballnation“ Deutschland (fast noch wichtiger als „Exportnation“); fast das gesamte deutsche Volk, das leider mehrheitlich aus FC Bayern-Fans zu bestehen scheint, verzieh ihm die 3.5 Millionen, deren Hinterziehung er – öffentlich zähneknirschend und mit einigen medienwirksamen Kullertränchen – zugegeben hatte, in einer Selbstanzeige in allerletzter Minute (Fristsetzung), mit der er einer Strafe entgehen wollte. Ganz gentleman like – oder wie man es auch aus Mafia-Filmen kennt – sollte da eine Schuld beglichen, das Geld mit einem saftigen Bonus (nennt sich „Strafe“) zurückgezahlt werden, und Uli H. wäre mit blütenweißer Weste als Held auf die Bühne (der Fußballstadien, der diversen Präsidentenlogen, Vip-Lounges und Empfänge), in Talkrunden und Sportstudios zurückgekehrt. Eigentlich müsste er hinter Gitter, aber in D sieht ihn bisher niemand dort. Das Alte Testament, dem er sich gegenüber anderen so gerne bedient, um sie zu diskreditieren und in die gesellschaftlichen Schranken zu weisen, gilt glücklicherweise nicht in unserer Rechtsprechung: Das Prinzip Auge um Auge, Zahn um Zahn. Der Schauspieler Hoeneß gibt sicherheitshalber noch den „Spieler“, einen der süchtig wird, praktischerweise auf Börsenspekulationen, und nicht damit aufhören kann. Damit gilt er laut WHO als krank. Niemand braucht Sorge haben: Abgebrüht ist er auf alle Fälle – und nervenstark - und hat schließlich mit seinen Finanzspekulationen ganz legal ein Vermögen von rund vierhundert Millionen gemacht.....


s. hierzu auch: Spots 2014

 

© mit freundlicher Genehmigung von Harm Bengen



* Wer bietet mehr...


11.03.2014: Wie sich am 2. Verhandlungstag herausgestellt hat, sollen es mittlerweile doch 27,2 Millionen sein, die Uli Hoeneß hinterzogen hat. Wir warten auf weitere Gebote.

In einem hatte Hoeneß doch recht: Er ist kein einfacher Schmarotzer, er ist ein lupenreiner Krimineller, der mit seiner "Reinen-Tisch"-Schmonzette bewiesen hat, dass er für sich weder Gesetze noch Moral anerkennt.

13.03.2014: Drei Jahre und sechs Monate lautet das Gerichtsurteil, Hoeneß will in die Revision gehen.

Hintergrundinformation:

http://insideparadeplatz.ch/2014/03/12/vontobel-musste-hoeness-deals-der-finma-beichten/

 

Steuerhinterziehung - international

zusammengestellt von Katja Schickel

 

Verteilung der Vermögen

Zwanzig Prozent der weltweiten Bevölkerung besitzen laut Statistiken der United Nations Children’s Fund (UNICEF) mehr als achtzig Prozent des weltweiten Einkommens, weniger als 100.000 Menschen besitzen zusammen 9,8 Billionen Dollar – das sind rund zwei Drittel des BIP der Europäischen Union.

Laut den Autoren der Studie Inequality: You Don't Know the Half of It, schaffen diese Top 20 so viel Vermögen auf die Seite, dass die tatsächliche Kluft zwischen Arm und Reich wahrscheinlich noch deutlich höher ist. In Saudi Arabien beispielsweise schleusten die Reichen des Landes in den Jahren 1970 bis 2010 kumuliert rund 308 Milliarden Dollar am Fiskus vorbei.

Die Reichen der Welt haben laut einer weiteren Studie von James Henry, früherer Chefvolkswirt der Unternehmensberatung McKinsey, insgesamt ein Finanzvermögen von 21 bis 32 Billionen Dollar in Steueroasen verschoben. Dadurch sind den Staaten Einkommensteuern in Höhe von bis zu 280 Milliarden Dollar entgangen. Laut einer Untersuchung für die Organisation Tax Justice Network (Netzwerk für Steuergerechtigkeit) verliert jedes Land pro Jahr durchschnittlich 189 Milliarden Dollar. So haben die Topverdiener Indonesiens binnen vierzig Jahren 331 Milliarden Dollar am eigenen Staat vorbei geschmuggelt. Das ergibt einen traurigen Platz Neun in der Liste der internationalen Steuerhinterzieher.


Schwellenländer

Es sind vor allem die Vermögenden in den Schwellenländern, die Geld am Fiskus vorbei lenken. In 139 Entwicklungsländern haben deren reichste Bürger in der Zeit zwischen 1970 und 2010 schätzungsweise 7,3 bis 9,3 Billionen Dollar an nicht-versteuertem Einkommen aus den jeweiligen Ländern geschafft. So sind etwa in China in der Zeit von 1980 bis 2010 rund 1,2 Billionen Dollar Steuern hinterzogen worden, in Russland innerhalb von zwanzig Jahren rund 798 Milliarden Dollar.

Diese 139 Länder mit geringem bis mittlerem Einkommen sind mit rund 4,1 Billionen Dollar verschuldet. Verrechnet man die in Steueroasen und anderen dunklen Kanälen versteckten Vermögen ihrer reichsten Bürger, verfügen diese Länder eigentlich über einen Überschuss von zehn bis 13 Billionen Dollar. Hätte die Oberschicht Venezuelas nicht 406 Milliarden Dollar außer Landes geschafft, wäre die externe Verschuldung des Landes zwischen Ende 2008 und Anfang 2011 nicht um sechsundsechzig Prozent auf knapp 77,5 Milliarden Dollar gestiegen.


Arme Länder

Selbst in verhältnismäßig armen Ländern schaffen die Reichen fleißig ihr Geld beiseite. In Nigeria flossen binnen vierzig Jahren 306 Milliarden Dollar in ferne Steueroasen. Der Entzug solch enormer Summen hat bedeutende politische und wirtschaftliche Folgen. James Henry spricht von einem „großen Schwarzen Loch in der Weltwirtschaft“. Die Südkoreaner schmuggelten innerhalb von vierzig Jahren (1970 bis 2010) 779 Milliarden Dollar am Staat vorbei – also fast so viel wie die russischen Steuersünder – allerdings in der doppelten Zeit. Danach folgen die Brasilianer mit 520 Milliarden Dollar hinterzogener Steuern und Kuwait mit 496 Milliarden Dollar. Aus Mexico und Venezuela flossen 417 und 406 Milliarden in Steuerparadiese, die reichen Argentinier brachten es binnen 40 Jahren auf beachtliche 399 Milliarden Dollar, die ins Ausland transferiert wurden - wohlgemerkt nur Finanzvermögen. Bei diesen Berechnungen sind Sachwerte wie Gold, Autos, Kunstgegenstände, Yachten usw. noch gar nicht berücksichtigt.


It´s a rich men´s world but it would be nothing without a bank

Mitschuldig bzw. hilfreich sind private Banken. 2010 verwalteten die Top 50 Banken der Welt insgesamt 12,1 Billionen für private Kunden und legten das Geld, meist jenseits der jeweiligen Landesgrenzen, an. Bezieht man die kleinen Banken, Investmentgesellschaften, Versicherer und Hegde Fonds in die Rechnung mit ein, sind Summen zwischen 21 und 32 Billionen Dollar im Ausland angelegt worden.


Inseln und Oasen

Zu den Offshore-Steuerparadiesen zählen laut einer schwarzen Liste der OECD neben der Schweiz und Liechtenstein auch Singapur, die Bermudas, die Cayman Inseln, die Kanal- oder Normannischen Inseln, Nauru, St. Kitts, Antigua, Tortola (Britischen Jungferninseln), Monaco, Zypern und Gibraltar. Laut OECD-Liste gibt es rund achtzig solcher Steueroasen.

Gemeinsam beherbergen sie etwa sechzig Millionen Einwohner, 3,5 Millionen Briefkastenfirmen sowie tausende Briefkastenbanken und Versicherer.

Die Kunden dieser ausländischen, meist auf Inseln ansässigen Steueroasen, sind sowohl die Reichen und Großkonzerne dieser Welt als auch offensichtliche Kriminelle. Zu den Stammkunden zählen der dreißig-jährige chinesische Immobilienspekulant genauso wie der Software-Tycoon aus dem Silicon Valley, die Ölmagnaten aus den arabischen Emiraten und die Drogenbosse aus Mexiko oder Kolumbien.


Offshore

Laut den bereits veröffentlichten Offshore-Leaks Enthüllungen sind bei all diesen Geschäften besonders folgende Banken hilfreich:

UBS: Die Schweizer Großbank ist eine der treibenden Kräfte in der Schaffung von Firmengeflechten in Steuerparadiesen. Allein die UBS ist demnach in 2900 Offshore-Konstruktionen involviert.

Crédit Suisse: Auch diese Schweizer Bank hat das Verstecken von Vermögen kräftig vorangetrieben und war an siebenhundert Offshore-Lösungen für wohlhabende Kunden beteiligt.

Deutsche Bank: Über ihre Niederlassung in Singapur bietet sie noch immer Lösungen für die 'steuerneutrale' Geldanlage in Steuerparadiesen wie den Cayman Islands oder auf Mauritius an. Nach den Offshore-Leaks-Daten, die von den zwei führenden Anbietern von Steueroasen-Trusts entwendet und der Presse zugespielt wurden, hat die führende Bank Deutschlands bei über dreihundert Trusts und Firmen – überwiegend auf dem britischen Jungferninseln – die Finger drin.

JP Morgan: Die größte Investmentbank der Welt soll ebenfalls in Offshore-Leaks-Dokumenten auftauchen – so wie nahezu alle großen Geldhäuser.

BNP Paribas: Die Zeitung Le Monde entdeckt anhand der Daten, dass diese französische Großbank hinter etlichen zwielichtigen Briefkastenfirmen steckt. So sollen BNP-Manager zugleich Geschäftsführer einer Scheinfirma namens 888 Fortune Limited auf den Jungferninseln sein.

Crédit Agricole: Sie soll ebenso wie BNP eine ganze Reihe von Briefkastenfirmen in den Steueroasen British Virgin Islands, Samoa und Singapur gegründet haben.

ING (NL): Insgesamt einundzwanzig ehemalige und aktuelle Mitglieder des Verwaltungsrates der niederländische Großbank ING, deren Tochter ING Diba in Deutschland führender Anbieter von Tagesgeldkonten ist, tauchen in den Offshore-Leaks-Dokumenten im Zusammenhang mit Briefkastenfirmen auf.

ABN Amro (NL): ABN Amro und ING sollen für ihre Kunden Briefkastenfirmen auf den britischen Jungferninseln, den Cook-Inseln und der zu Malaysia gehörenden Insel Labuan eingerichtet haben.



Aus: Wirtschaftswoche;  http://www.wiwo.de/unternehmen/banken/offshore-leaks-diese-banken-verschoben-geld-in-steueroasen/8035382.html.s.a.: Spots 2014


 

07II14


 



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